Der Fiskalpakt

072412_1434_DerFiskalpa1Er gibt uns die Möglichkeit, über die EU-Kommission direkt in die Finanz- und Wirtschaftspolitik säumiger Schuldnerländer einzugreifen. Jeder Staat hat aber, solange er die Defizitgrenzen nicht überschreitet, die Möglichkeit, selbstständig darüber zu entscheiden, wie er sein Budget in Ordnung bringen möchte. Sei es mit einnahmenseitigen oder mit ausgabenseitigen Maßnahmen. Nur in Ordnung bringen muss er ihn, denn andernfalls würde ja von den gut bilanzierenden Länder wieder Finanzunterstützung erwartet werden (besonders über den ESM!) und die kann es nicht bedingungslos geben, weil wir ganz bewusst Grenzen einziehen wollen.

Der Sinn des Fiskalpaktes ist es, die Verschuldung der Mitgliedsstaaten, wie ja bereits in der Vergangenheit geplant, auch in der Zukunft mit 60% zu begrenzen, mit dem Unterschied, dieses Ziel nun auch durchzusetzen. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Staaten die in den vergangenen Jahren viel zu viel Geld ausgegeben haben, sich jetzt anstrengen müssen um ihren Schuldenstand entsprechend zu reduzieren. Dieses Ziel unterstütze ich, weil nur ein gesunder Haushalt dauerhaft Wohlstand für die Bevölkerung garantieren kann. Dabei zwingt er aber nicht, wie besonders von linken Organisationen immer wieder zu hören ist, zu einer permanenten Ausgabenkürzung. Ist die Gesamtverschuldung unter der entsprechenden Quote, zwingt er zu gar nichts und liegt sie darüber, dann steht es immer noch in erster Linie dem Mitgliedsstaat frei, wie er das Budget ändern will, um die Zielvorgaben zu erreichen. Erst wenn der Staat sich bereits in der Budgetplanung weigert, auf eine höhere Neu-Verschuldung zu verzichten, dann kommt die EU-Kommission ins Spiel und kann Maßnahmen verlangen. Noch einmal: mit welcher Mischung aus ausgaben- und einnahmenseitigen Maßnahmen ein ausgeglichenes Budget erzielt wird, ist nicht Gegenstand des Fiskalpakts und bleibt natürlich weiterhin im Kompetenzbereich der nationalen Parlamente. Jene, die sagen, der Druck zu einem ausgeglichenen Haushalt führe immer zu einnahmenseitigem Sparen, beweisen damit keine große demokratische Gesinnung. Wenn es der Wille der europäischen Völker wäre, nur über neue Steuern der Krise Herr zu werden, dann hätten in den vergangenen Jahren andere Parteien in den diversen Wahlgängen gewonnen.

Bisher, seit Inkrafttreten des Maastrichtvertrages, hatte die EU bereits die Möglichkeit, Strafzahlungen für Budgetsünder zu verhängen. Leider aber hat die Erfahrung gezeigt, dass dieses Instrument nicht ausreichend war. Das Nicht-Einhalten der Kriterien führte die EU an den Rand der wirtschafts- und finanzpolitischen Unregierbarkeit und daher dürfen neue Maßnahmen nicht so zahnlos sein! Ich begrüße deswegen die Mitbestimmungsmöglichkeit der EU-Kommission in der Haushaltspolitik betroffener Staaten (z.B. ESM Hilfsgeld Empfänger!) – immerhin wird im Falle der Gefährdung der Liquidität eines Staates, ja umgekehrt auch eine gemeinschaftliche Hilfe der anderen erwartet.

Das Beispiel Schweden gibt mir überdies Hoffnung und Zuversicht, dass eine Budgetsanierung ohne den oft befürchteten Bürden für die Bevölkerung möglich ist. Dort zwang 1994 ein Budgetdefizit von 11,4% (zum Vergleich: das österreichische betrug 2011 gerade 2,6%)die Regierung zum Handeln. Die Sanierung gelang mit Hilfe eines gesetzlichen Verbotes neuer Schulden für alle öffentlichen Institutionen, massiven Einsparungen in der Verwaltung und Steuererhöhungen, die anfangs rund 40% des Einsparungsvolumens ausmachten und später wieder gesenkt wurden, sodass insgesamt nur 15% aus neuen Steuern, also einnahmenseitig aufgebracht wurden. Gleichzeitig wurde der Wohlfahrtsstaat erhalten und das Pensionssystem auf Generationen gesichert. Entscheidend dafür ob es gelingt, sind also nicht die Rahmenbedingungen, die im Fiskalpakt festgelegt werden. Entscheidend ist die inhaltliche Ausgestaltung in den Regierungsprogrammen und Parlamentsbeschlüssen der verschiedenen europäischen Staaten. Dort müssen der Mut alte Strukturen aufzubrechen und die Kreativität dabei niemanden seiner Existenz zu berauben Hand in Hand gehen. In Österreich haben wir mit dem im Februar beschlossenen Reformpaket die nötigen Maßnahmen dazu eingeleitet.